Kleindenkmäler im Postkartenformat

In dieser außergewöhnlichen Dokumentation werden 112 Abbildungen von Kleindenkmälern aus dem mittleren Waldviertel zwischen Schrems und Bad Traunstein und zwischen Langschlag und Altpölla vorgestellt. Die Abbildungen der Kleindenkmäler wurden um 1930 geschaffen und werden Aufnahmen aus der Gegenwart gegenübergestellt. Interessante Perspektiven ergeben sich auch durch den Vergleich von historischen Karten des Internetportals www.mapire.eu, die Einblicke in die Entwicklung unserer Kulturlandschaft ermöglichen.

Die kleinformatigen Kunstwerke sind einzigartige Dokumente, eine kulturgeschichtliche Rarität, ein Fenster in eine vergangene Zeit. Der außergewöhnliche Wert ergibt sich daraus, dass einige von den abgebildeten Objekten bereits verschwunden sind, manche baulich umgestaltet wurden oder nicht mehr besichtigt werden können. Die Sammlung stammt aus einem Bestand von unterschiedlichen Arbeiten, Skizzen und Entwürfen, die beim Abriss eines Hauses in Zwettl sichergestellt werden konnten. Die Abbildungen der Kleindenkmäler können nun in unserem Blog ZCrux.at vorgestellt werden. Einer ausführlichen Beschreibung und einem Kartenausschnitt zur Orientierung werden Aufnahmen der Gegenwart gegenübergestellt.

Geschaffen wurden die kleinen Kunstwerke vermutlich von drei Künstlern, die in Zwettl ansässig und tätig waren, nämlich Hans Neumüller, Rudolf Pritz und Friedrich Wolf. Alle Blätter sind im Format von etwa 15×12 cm, nicht signiert und können nicht eindeutig zugeordnet werden. Die meisten Werke haben rückseitig einen Standorthinweis in Kurrentschrift.

Was bewegte drei Künstler aus Zwettl, Kleindenkmäler in ihrer näheren und weiteren Umgebung zu zeichnen oder zu malen? In verschiedenen Techniken, qualitativ unterschiedlich, werden wir mit Abbildungen von interessanten Motiven konfrontiert. Wir wissen nichts über die Auswahlkriterien, die zu den Abbildungen der einzelnen Denkmäler geführt haben, und was die einzelnen Künstler veranlasst hat, auf kleinformatigen Blättern ihre Eindrücke wiederzugeben. Es gibt auch wenig biografische Angaben über die Personen, die miteinander bekannt waren. Rudolf Pritz war mit Friedrich Wolf verschwägert.

Was schließlich für die Künstler Anstoß war, Kleindenkmäler zu zeichnen und zu malen, ist ungewiss. Bemerkenswert ist überhaupt die Tatsache, dass es zur Entstehung dieser Bilder gekommen ist, wobei sich möglicherweise ein dokumentarischer Aspekt der Motivwahl erkennen lässt. Ein Großteil der Bilder ist rückseitig mit einer Ortsangabe bezeichnet, mit Ausnahme der Blätter, die direkt aus Zwettl und der nächsten Umgebung stammen. Daher können einzelne Objekte nicht mehr den entsprechenden Standorten zugeordnet werden. Was dieses Konvolut so bemerkenswert macht, sind besonders die verschwundenen Objekte. Eine Sensation könnte ein Bild des ehemaligen Prangers aus Zwettl sein, vermutlich das bisher einzige Bild, das dieses verschwundene Objekt der Stadt Zwettl darstellt.

Dazu erscheint Anfang Dezember 2020 das Buch „KLEINDENKMÄLER IM MITTLEREN WALDVIERTEL“.

Das Buch soll Anstoß sein, sich mit unserer gewachsenen Kulturlandschaft verstärkt auseinanderzusetzen, es soll uns anregen nachzudenken, welchen Umgang wir mit den Kleindenkmälern pflegen, welche größere oder geringe Bedeutung wir ihnen beimessen, von der Aufmerksamkeit, von der sorgfältigen Renovierung bis hin zur Nichtbeachtung, zur Verwahrlosung oder sogar deren Vernichtung.


Biografien der Künstler

Hans Neumüller wurde am 6. Mai 1908 in Allentsteig geboren. Er übersiedelte mit seinen Eltern nach Zwettl. Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule in Zwettl von 1914 bis 1923 folgte eine Maler- und Anstreicherlehrzeit bei Franz Koppensteiner und Malermeister Kousek in Zwettl. 1935/1936 besuchte er die Kunstgewerbeschule in Wien am Stubenring und von 1936 bis 1938 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien am Schillerplatz. 1939 heiratete er Kunigunde Iretz. Ihre einzige Tochter Kunigunde wurde 1944 geboren und verstarb 2019. Von 1938 bis 1945 arbeitete Hans Neumüller als freischaffender Künstler in Zwettl und von 1945 bis 1949 betrieb er eine Spezialkunstwerkstätte für profane und sakrale Kunst in Zwettl. 1951 übersiedelte er mit seiner Familie nach Spielberg bei Traunstein, wo er am 17. September 1953 total verarmt an Lungenkrebs starb. Seine Werke wurden unter anderem für profane und sakrale Kunst in Wien in der Sezession und im Künstlerhaus gezeigt. Er beherrschte viele Techniken, von großformatigen Ölgemälden, grafischen Arbeiten bis zu Holz- und Linolschnitten. Sein Hauptwerk ist das Deckenfresko „Das Jüngste Gericht“ im Karner der Propstei in Zwettl,

Rudolf Pritz wurde am 5. Februar 1905 in Tetschen/Elbe (Tschechien) geboren. Er erlernte das Handwerk eines Büchsenmachers und wohnte in Zwettl, Hamerlingstraße 14. Am 2. April 1940 verehelichte sich Rudolf Pritz mit Hilda Wolf, geboren am 4 April 1911, der jüngeren Schwester von Friedrich Wolf. Hilda Pritz verstarb am 14. Juli 1990 in Waidhofen/Thaya. Weitere biographische Angaben über Rudolf Pritz sind nicht bekannt.

Friedrich Wolf wurde am 1. November 1908 in Zwettl geboren und war der Sohn des Friseurs Martin Wolf und dessen Ehefrau Johanna, geb. Pillek. Als Adresse ist Hamerlingstraße 7 angegeben. Er arbeitete zunächst als Friseurgehilfe im Geschäft seines Vaters und später als Frisör in der Hamerlingstraße 12 in Zwettl. Aus seiner Jugendzeit stammen auch mehrere Bilder mit Motiven von der Stadt Zwettl. Friedrich Wolf starb bereits am 7. November 1945 an den Folgen einer Typhuserkrankung. Zwettl wurde im Herbst 1945 von einer Typhusepidemie heimgesucht.


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