Am Forstweg von Großpertenschlag nach Kronegg steht ein Bildbaum.
Der Bildbaum steht zwischen zwei mächtigen mehrschichtigen Restlingen. In einem hausförmigen Holzrahmen steht ein Holzkreuz mit Kruzifix und einem Bild Marias mit dem Kind. Rundherum findet man zahlreiche Heiligenbilder und einen Engel in den Spalten des Felsens.
Jahreszahlen und sonstige Hinweise sind nicht vorhanden.
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Die Zwölfermauer
Frieda Mauritz – WALDVIERTLER G’SCHICHTEN (1982)
Die „Zwölfermauer“ heißt die Sage, in der von einer eigenartigen Begebenheit erzählt wird. Wer den Abkürzungsweg von Großpertenschlag über Kronegg nach Melon geht (Ortsende Großpertenschlag Weg rechts), muss bei der Zwölfermauer, die links vom Wege liegt, vorbei. An diesem großen Felsen sind Bilder angebracht die an folgenden Vorfall erinnern.
Am Jakobi-Sonntag, das ist der letzte Sonntag im Juli, das Fest des Kirchenpatrones Jakobus, wurde schon immer in Altmelon ein „Kirtag“ (Kirchtag) abgehalten. Er war von jeher immer recht gut besucht, gab es doch bei den zahlreichen Standeln so manches zu kaufen, was sonst nicht leicht in den „Gwöban“ (Geschäften) zu haben war. So boten sich den Weibern, die von weit und breit heute kamen und vormittags schon die Kirche besuchten, nicht nur Schlapfen, Halbschuhe, schöner „Schürzenzeig“ Flanell und „Bergei“ (Schwefelkieskugel) an, sondern auch schöngeblumte Tüchl, herrlich gewirkte Gugeln, die böhmische Ware schienen. Die prüften sie mit ihren Fingern und schielten dabei auf den schönen „Linzerzeig“ und nach den schwarzen „Listerschürzen“. Die Kinder äugten verlangend nach den bunten Zuckerstangerl, den Roßreitern und Wickelkindern aus Lebzelten. Da hingen auch die Lebkuchenherzen mit den verschiedensten Aufschriften, von denen der junge „Gaugazbauer“ seiner Vroni eins kaufte und es ihr um den Hals hing.
Die zwei Gasthäuser waren jetzt „bummvoll“ und noch immer drängten sich die jungen Leute auf den Tanzboden, wo gerade ein „Floigada“ getanzt wurde, bei dem die Paare im Polkaschritt durch den Saal wirbelten.
Während des lustigen Treibens saß der Kirchenwirt mit ein paar Bauern etwas abseits von den anderen beim Schanktisch und schloss gute Geschäfte ab. Er verstand das ja ausgezeichnet. War er doch beim Schweinehändler Feucht in Zwettl jahrelang als Verkäufer und Treiber tätig. Da machte er sich auf Grund seiner Tüchtigkeit soviel Geld, dass er sich hier in Alt Melon ankaufte und neben dem Wirtshause und der Fleischhauerei auch den Ferkelhandel betrieb. Der machte sich überhaupt recht gut. Denn so wie heute, betrieb er damit den Bauern recht gute Gegengeschäfte. Er lieferte ihnen Ferkel und sie verkauften ihm ihr Rindvieh und die Mastschweine.
Am frühen Nachmittag ging es in der Wirtsstube schon recht lustig her. Es wurden von den Männern und Burschen Vierzeiler gesungen. Auch solche aus der untersten Lade. Da war man nicht zimperlich.
Während so alle recht ungezwungen und guter Dinge den Jakobus feiern, erhebt sich am späten Nachmittage ein jüngerer Bauer, der bis jetzt mit den anderen getrunken, gescherzt und gelacht hatte, um sich auf den Heimweg nach Großpertenschlag zu begeben.
Zum „Stallgehen“ will er daheim sein. Daher bricht er jetzt schon auf. Er nimmt zusammen mit einem Bauern aus Kleinpertenschlag den Weg über Fichtenbach, durch die feuchten Wiesen hinüber nach Kronegg und nachdem er sich von seinem Begleiter verabschiedet, schlägt er links den Weg direkt nach Großpertenschlag ein. Er ist guter Dinge. In seinen Ohren klingen noch die Kirtagsmusik, das Lachen und Kreischen der Mädchen auf dem Tanzboden. Vom Weine recht aufgelockert, singt er vor sich hin, weiß auf die gesungenen Vierzeiler im Wirtshause noch einen und noch einen, ist recht fröhlich und wandert so, leicht und unbeschwert durch den Föhrenwald dahin. Als er nach einem kurzen Feldweg wieder in das „Holz“ einbiegt, beginnt es bereits zu dunkeln. Da er vor der Finsternis noch zu Hause sein will, beschleunigt er seine Schritte. Schon sieht er zwischen den Bäumen die Häuser von Großpertenschlag, als sich auf einmal vor ihm graue Schleier ziehen, sich das Landschaftsbild trübt, bis es im Grau verschwindet und sich vor ihm eine Mauer aufrichtet, die, für ihn ein Sperrriegel ist. Es scheint ihm unfassbar! Weil er immer wieder ohne Erfolg an ihr anrennt, versucht er sie zu umgehen. Aber sie scheint links wie rechts endlos zu sein. Die vielen Fragen, die er laut vor sich hin spricht, bleiben unbeantwortet. Weil er sich gegenüber dieses Zustandes ohnmächtig fühlt, beginnt er nun zu „teufeln“ und zu fluchen. Doch auch das ändert nichts; nur aus der Mauer hört er jetzt ein unheimliches Knirschen und Krachen. Nun läuft es ihm kalt über den Rücken und es schauert ihn. Da wirft er sich in seiner Verzweiflung auf den Boden nieder und beginnt inbrünstig zu beten. Und horch, was ist das? Von der Mauer her klingen hell und klar Glockenschläge. Er zählt sie mit. Es sind zwölf. Ganz eigen ist ihm ums Herz, denn auch in die Mauer kommt nun Bewegung. Sie zergeht so förmlich und es dauert nicht lange, so ist sie ganz verschwunden. Starr, mit offenem Munde, liegt der Mann noch auf den Knien und kann das Wunder gar nicht fassen.
Doch dann gelobt er, an dieser geheimnisvollen Stelle, wo jetzt nur mehr der Fels steht, aus Dankbarkeit und zum Gedenken an diese Begebenheit ein Bild anzubringen. Und das tat er auch. Auf dem Steine, der nach dem Weichen der Mauer von oben nach unten einen Riss zeigte, ist es heute noch zu sehen. Zur Erinnerung an die zwölf Glockenschläge hieß der Fels aber nur mehr die „Zwölfermauer“.