Walther von der Vogelweide und das Waldviertel

Walther von der Vogelweide

Schon seit Jahrhunderten wird in Mitteleuropa nach der Heimat und auch nach der Herkunft Walthers von der Vogelweide gesucht.
 

„ze Oesterrîche lernt ich singen unde sagen“

Ein wichtiger Hinweis bei dieser Suche ist zweifellos Walthers eigene unmissverständliche Aussage in einem seiner Gedichte wonach er „in Österreich singen und sagen lernte“. Allerdings war Österreich um das Jahr 1200 de facto nur Niederösterreich.


Dazu gibt es nur einen einzigen Aufenthaltsort Walthers, der urkundlich bestätigt ist: am 12. November 1203, dem Tag nach Martini, schenkte ihm Bischof Wolfger von Passau im Passauerhof in Zeiselmauer fünf “lange Schillinge” für einen Pelzmantel, damals eine Menge Geld.

Wolfger von Erla (auch Wolfger von Passau, voller Name Wolfger von Ellenbrechtskirchen; * um 1140 bei Erla an der Enns; † 23. Januar 1218 in Aquileia) war Bischof von Passau und Patriarch von Aquileia.

Walther von der Vogelweide


Zum 800. Jahrestag dieser Schenkung findet vom 25. bis 27.09.2003 in Zeiselmauer (Niederösterreich) ein wissenschaftliches Symposium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Helmut Birkhan statt. Es werden in Anwesenheit zahlreicher internationaler Wissenschaftler einschlägige Themen rund um den Minnesänger und Spruchdichter behandelt.

 

Walther von der Vogelweide

Der Heimatforscher Walter Klomfar (*31.10.1931 +26.03.2015) meint nun, auch den tatsächlichen Herkunftsort des Dichters gefunden zu haben. Im Stift Zwettl entdeckt er 1987 eine alte Flurkarte, auf der ein Dorf mit dem Namen Walthers eingezeichnet ist und in dem es auch eine große Vogelweide gibt. Die längst verödete Ansiedlung ein paar Kilometer nördlich von Zwettl wird aller Wahrscheinlichkeit nach von einem – urkundlich mehrfach erwähnten – Walther gegründet. Dieser Kleinadelige sei, so Klomfars These, der Vater des Minnesängers gewesen, der seinem Sohn im Stift Zwettl eine gediegene Ausbildung zukommen lässt. Auch dafür könnte Klomfar in der Stiftsbibliothek einen Beleg gefunden haben. Denn in einem Kodex aus dem 12. Jahrhundert findet sich eine kleine Randnotiz: “Ego frater Walther”, “Ich, Frater Walther” – und das könnte tatsächlich eine Art Autogramm des Minnesängers sein.

Der Wiener Germanistikprofessor Helmut Birkhan gesteht der Waldviertel-These eine Wahrscheinlichkeit von 69,9 Prozent zu: “Was für sie spricht”, meint Birkhan, “ist vor allem, dass alle anderen Thesen schlechter sind”.

Klomfars Studie wird in den Sitzungsberichten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) veröffentlicht.


Walther von der Vogelweide
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