Gedanken zum Rauchfangkehrermarterl

Erich Mayer aus Waldhausen (*09.04.1929 †31.12.2023)
Bürgermeister 1968-1980 berichtet:


Alte Erinnerungen und Erzählungen werden auch in unserem Ort noch wach gehalten. Laut früheren Aufzeichnungen kam es auch in unserer Gemeinde Waldhausen vor vielen Jahren zu einer Begegnung zwischen einem Wolf und einem Rauchfangkehrer in Hirschenschlag.

Das es auch damals, also vor 300 Jahren, sehr viele Wölfe in der Gegend um den Loschberg gegeben haben musste, zeigt die im Buch der Marktgemeinde „Markterhebung Waldhausen 21.10.1979“ Seite 81–82 erschienene Aufzeichnung: Das Kloster Zwettl beschwerte sich um 1708 beim Herrn von Harkelberg von Wiesenreith unter anderem wegen der von ihm errichteten „Verhacke“ und „Wolfsgruben“. Auch das Wolfsmartel in Niedernondorf ist hier bekannt.

Wolfsgruben sind in die Erde gegrabene, 2–3 Meter tiefe Löcher, die mit Laub, Sträuchern oder Heu abgedeckt wurden.

Im Buch „Mühlen am Kamp“ von Friedrich Weber (Gföhl) steht bei der Aschermühle Nr. 148 am Purzelkamp-Traunstein, dass sich laut Schweikart 1839 manchmal auch hier Wölfe zeigen.

Auch im Buch „Alte Heimat Tüpl Döllersheim 1938“ wird über das viele Wolfsvorkommen im Waldviertel bei Allentsteig berichtet und auch das Kloster Zwettl schreibt, dass 1568 in der Gegend um Zwettl viele Wölfe hausten und Tiere rissen.

Der letzte Wolf im Waldviertel wurde 1568 in der Umgebung von Kirchberg am Walde erlegt.




Nun zur Überlieferung des Rauchfangkehrermarterls
So wird es wohl gewesen sein?

Als damals der Rauchfangkehrer nach getaner Arbeit abends mit seinem Werkzeug nach Hause ging, verfolgte ihn ein vermutlich hungriger Wolf. Um nicht von diesem angegriffen zu werden, kletterte er schnell auf einen hier stehenden Baum. Nach dem erfolglosen Versuch des Wolfes, verschwand er wieder in den nahe gelegenen Wald. Aus Dankbarkeit über die glückliche Rettung errichtete man damals dort ein kleines Marterl als Erinnerung.

150 Jahre war der Wolf bei uns ausgestorben, aber seit 2015 ist er wieder da und es werden auch in unserer Gemeinde immer wieder Risse von Rehen durch Wölfe bekannt.

So wurden die Rehrisse beim Güterweg Waldhausen-Niedernondorf nahe Friedhof am 2.4.2019, sowie der Riss beim Dürnbach in Rappoltschlag 2018, dem Wolf nachgewiesen.

Die Sichtung in der Höppelmühle, sowie die Kameraaufnahmen von Jürgen Meyer am 13.10.2019 dort, sowie die Aufnahmen in der Kohlstatt, Hirschenschlag und Oberndorf 2019 beweisen ihre Anwesenheit. Auch die vermutliche Sichtung eines Wolfes auf der Straße Königsbach-Waldhausen am 20. März 2021 bestätigt seine hiesigen Vorkommen.

Meine persönlichen Aufzeichnungen bzw. Erinnerungen
über das Rauchfangkehrermarterl in Hirschenschlag.

Da es keine Aufzeichnungen oder Erinnerungen gibt (außer 2 Zeilen im Buch „Marktgemeinde Waldhausen“ vom 21.10.1979 auf Seite 82) und über das Rauchfangkehrermarterl in Hirschenschlag etwas aussagt, habe ich mich entschlossen, soweit man etwas erfahren konnte, dies aufzuschreiben und weiterzugeben, um das Wissen für die Nachwelt bzw. Nachkommen zu erhalten.

Mich hat die Erzählung über das Marterl immer interessiert, da ich langjähriger Jagdpächter (66 Jahre, von 1953 bis 2019) von Waldhausen-Hirschenschlag war und für die jagdliche Gestaltung (Bilder, Hirschgeweih) sorgte.

So habe ich auch in meiner Amtszeit als Bürgermeister (1968–1980) bei der Reparatur des schadhaften Marterls 1975 meinen Beitrag geleistet und half bei den angefallenen Kosten durch die Gemeinde mit, da der damalige Besitzer des Denkmals, Josef Blabensteiner aus Rappoltschlag, diese nicht alleine tragen konnte. Ich gab damals dem Pensionisten Leopold Müllner, einem Zimmerer aus Waldhausen, den Auftrag das Dach neu zu gestalten. Dieses wird auch heute noch von Wespen bewohnt, die dort bald Einzug gehalten haben. Auch diese brauchen einen Unterschlupf!




Die Außenansicht des Marterls

Über das Dach wurde bereits gesprochen.

Das befestigte Kreuz auf der Außenmauer stammt vom aufgelassenen Grab der Familie August, welche keine Nachkommen hatte. Es war bereits entsorgt bei einem Steinhaufen hinter dem Pfarrhofkuhstall. Ich richtete es wieder her und montierte es an der Außenmauer.

Das handgeschmiedete Eingangstürl und der Bilderrahmen des Hauptbildes schmiedete ein Schlosser aus Niedernondorf, Herr Ruß.

Die Sitzbank ist eine Spende der Raika Zwettl Außenstelle Waldhausen.

Auch das dort früher vorkommende „Feldbeten“ für die Erhaltung der Feldfrüchte im Sommer ist als „schöner Brauch“ in der heutigen Zeit abgekommen.

Die Umgestaltung des Marterls

Da es keine Heiligenbilder oder sonstige Andachtsgegenstände, außer einem Holzkreuz, einer kleinen Sakrale und einen Blumenkorb gab, habe ich ein neues Hauptbild besorgt: Der Heilige Hubertus mit weißem Hirsch, ein Kreuz mitten im Geweihkranz.

Da die beiden Seitenwände leer waren, habe ich in meiner Pensionszeit 2019 zwei Bilder gemalt und dort angebracht. Alle drei Bilder stammen somit von mir, kostenlos für das Marterl. Besonders das Wolfsbild mit dem am Boden sitzenden Rauchfangkehrer dürfte gut gelungen sein und bleibt mir für immer in Erinnerung.

Die Innengestaltung und Erhaltung führt die jetzige Besitzerin Frau Hermine Blauensteiner-Strohmeier aus Rappoltschlag durch, mit der unsere Arbeiten dort immer abgesprochen wurden.

Da dieses bekannte Marterl nunmehr in die Jahre gekommen und reparaturbedürftig wird, möchte sich die Dorfjugend von Waldhausen dafür annehmen und dies in nächster Zeit wieder instand setzen.

Waldhausen, 1.9.2021
Erich Mayer