Die Statuen des Heiligen Felix von Cantalice im Waldviertel

Heiliger Felix von Cantalice

Wie kommt es, dass in unserer Umgebung zahlreiche barocke Statuen des sonst bei uns eher selten verehrten Heiligen Felix von Cantalice anzutreffen sind?

„Die süddeutsch-österreichische Landschaft ist manchmal als Sakrallandschaft gekennzeichnet worden. Nicht nur der vielen Wallfahrtskirchen oder Klöster wegen, sondern auch angesichts der zahlreichen Andachtsstätten, wie Wegkreuze, Bildstöcke, Kalvarienberge. Gewiss haben andere Landschaften ähnliches aufzuweisen und oft älteres. Sicher aber nicht gleich viel an barockem Bestand, der – etwa wie in Bayern und Böhmen – insbesondere auch in Österreich zum Ausdruck gegenreformatorischen Bemühens geworden ist“, schreibt Gerhard Kapner in der Einleitung zu seinem Buch „Barocker Heiligenkult in Wien und seine Träger“.

Heiliger Felix von Cantalice

Diese Feststellung trifft natürlich nicht nur auf Wien zu, sondern ebenso auf Niederösterreich und das Waldviertel. Auch hier entstehen während der Barockzeit sowohl innerhalb der Städte und Ortschaften als auch auf freiem Felde viele Standbilder von Heiligen, denen landläufig die Funktion von Flurdenkmälern zugeordnet wird, die aber auch die von Kapner festgestellte Bedeutung haben.

Im Gegensatz zum Protestantismus sind die Heiligen sichtbarer Ausdruck der Katholizität. Die Stifter der barocken Heiligenstatuen stammen überwiegend aus katholischen Adelsfamilien, die damit auch ihre Treue zum katholischen Herrscherhaus sichtbar demonstrieren wollten.

Manche Standbilder werden von namhaften Barockkünstlern geschaffen, manche von einfachen und unterschiedlich begabten Steinmetzmeistern. Zur leichteren Erkennbarkeit der Dargestellten gibt es eine relativ deutliche Ikonographie, die in vielen Fällen zu einer schablonenhaften Ausführung führte.


Der Heilige Felix wird 1515 in Cantalice in Umbrien (nördlich von Rom) als Sohn armer Bauersleute geboren. 1543 tritt er als Laienbruder in den Kapuzinerorden ein und ist dann durch 40 Jahre in Rom als Almosensammler tätig. Wegen seiner Freundlichkeit und seines ständigen Dankeswortes „Vergelt’s Gott“ wird er „Bruder Deogratias“ genannt. Er stirbt 1587 in Rom. 1712 wird er heilig gesprochen. Er wird meist als Kapuziner dargestellt, der einen Bettelsack und den Rosenkranz oder das Jesuskind trägt. Sein Namenstag ist der 18.Mai.

Heiliger Felix von Cantalice

Im Jahre 1937 befasst sich Pfarrer Rupert Hauer aus Dietmanns bei Gmünd in der Zeitschrift „Das Waldviertel“ das erste Mal mit dem häufigen Auftreten des Heiligen. „Der Bruder ,Deogratias’ im oberen Waldviertel“ lautete der Titel seines Beitrages, in dem er die Frage stellt, warum gerade dieser Heilige in einem so engen Raum doch so häufig dargestellt wird. Er kommt zu dem Schluss, dass der Heilige Felix von Cantalice im 18.Jahrhundert so etwas wie ein Hausheiliger der Grafenfamilie von Polheim gewesen sein muss, die zu dieser Zeit Eigentümer der Herrschaften Schwarzenau und Meires war. Grundlage waren 11 Standorte.

Walter Zach-Kiesling ( * 30.10.1930, + 6.10.2007, Kulturforscher, Archivar und Autor) beschäftigt sich im Jahre 2001 noch einmal genauer mit dieser markanten Anhäufung. Er bestätigt die von Pfarrer Hauer vermutete Theorie und geht noch genauer auf die Adelsfamilien und deren Verwandtschaftsverhältnisse ein. Zach-Kiesling kennt bereits 33 Standorte, von denen sich 22 im Waldviertel befinden.

Die bildliche Verehrung des Heiligen ist nicht nur, wie der Pfarrer meinte, auf den Raum Schwarzenau und die Familie Polheim beschränkt, sondern wird auch von anderen Adelsfamilien im Waldviertel und in Niederösterreich, wie zum Beispiel der Familie der Grafen Hoyos-Sprinzenstein, betrieben.

Über die Identität der Stifterfamilien geben in den meisten Fällen die Familienwappen am Postament der Standbilder Auskunft, sehr selten auch Inschriften. Ist beides nicht vorhanden und befindet sich in unmittelbarer Nähe der Felix-Statue ein adeliger Wohnsitz, dann werden dessen Besitzer zum Zeitpunkt der Errichtung derselben als Stifter angenommen.


1 Schwarzenau Polheim 1729
2 Schwarzenau Polheim 1729
3 Großhaselbach Polheim 1738
4 Windigsteig Polheim 1738
5 Rafings Polheim 1738
6 Lichtenberg Polheim 1738
7 Waldberg Polheim 1739
8 Grafenschlag Polheim 1739
9 Sparbach Polheim 1751
10 Großrupprechts Polheim undatiert
11 Kleinreichenbach Polheim 1752
12 Markl Polheim 1766
13 Frohsdorf unbekannt 1851 oder 1881
14 Gars-Thunau Rumel 1730/1733
15 Buchberg Rumel 1762
16 Kattau Gilleis 1739
17 Schmida Hardegg 1728
18 Seefeld-Großkadolz Hardegg ca.1760
19 Mold Hoyos 1730
20 Raan Hoyos 1732/1733
21 Retz Hoyos oder Gatterburg 1734
22 Schloss Rosenau (Ensemble) unbekannt undatiert
23 Hohenberg Hoyos 1849
24 Niederkreuzstetten Hoyos undatiert
25 Pernitz Hoyos undatiert
26 Persenbeug Hoyos undatiert
27 Kirchberg am Walde Kuefstein 1733?
28 Schrems Falkenhayn 1778?
29 Allentsteig Falkenhayn 1728 oder 1778
30 Mühlbach am Manhartsberg Engl 1730
31 Felixdorf Felix Miessl 1823
32 Krumau am Kamp unbekannt undatiert

Die Denkmäler 1 bis 11 werden von Franz Adam Graf von Polheim und seiner Gattin in der Zeit von 1729 bis 1752 gestiftet.

Franz Adam ist der Sohn des Inhabers der Herrschaft Meires. Er selbst besitzt ab 1726 die Herrschaft als väterliches Erbe. 1728 heiratet er die Inhaberin der Herrschaft Schwarzenau, Maria Leopolda Josefa Johanna, Tochter des Jakob Leopold Freiherrn Thavonat von Thavon, und wird dadurch Besitzer der Herrschaft Schwarzenau.

Die Polheimer auf Meires sind ursprünglich überzeugte Protestanten so wie auch ihre Vorgänger die Streun, von denen sie durch Heirat in den Besitz dieses Gutes kommen.
Erst der Vater von Franz Adam, der 1709 Inhaber von Meires wird, konvertiert zum katholischen Glauben.

Die Initiative, dass sie gerade Felix von Cantalice zu ihrem Hausheiligen machen, dürfte vom 1654 in Waidhofen/Thaya gegründeten Kapuzinerkloster ausgegangen sein, in deren unmittelbarem Sammelgebiet (Bettelorden !) die Herrschaften Meires und Schwarzenau liegen. Es ist so möglich, den ersten Heiligen ihres Ordens kurz nach der Kanonisation (= Heiligsprechung) der Bevölkerung bekannt zu machen. Für diese übt er bald eine Schutzfunktion gegen die Erkrankung an Pocken, im Volksmund „Blattern“ genannt, aus. Die Pocken verursachen besonders bei Kindern eine hohe Sterblichkeitsrate.

Es kann aber auch sein, dass die Polheims mit ihren Stiftungen ihre Treue zum katholischen Herrscherhaus der Habsburger demonstrieren wollen, dessen enge Beziehung zum Kapuzinerorden ja bekannt sind.



Derzeit erfasste Standorte: