Kapelle Feuranz (48.507175, 15.026196)

Kapelle Feuranz

 
 

Nördlich von Feuranz steht eine Kapelle.


Kapelle Feuranz

Der im Querschnitt rechteckige Bau aus dem Jahre 1991 hat ein ziegelgedecktes Satteldach, beidseitig je ein rundbogenförmiges Fenster und eine rundbogenförmige Holztür. Ein Glockenturm ist nicht vorhanden. Der Andachtsraum hat eine halbkreisförmige Holzdecke von der ein Taube hängt, die den Heiligen Geist darstellt. Hinter einem hölzernen Altar hängen ein großes Holzkreuz mit Kruzifix und mehrere Heiligenbilder.

OSR Karl Zeisler (+3. März 2013) berichtet:
Zur früheren Kapelle wäre zu sagen, dass sie eine schöne Tür mit dem Motiv einer Halbsonne hatte. In einem Sonnenstrahl im linken oberen Bereich war die Jahreszahl 1847 eingeschnitzt. Dies dürfte das Erbauungsjahr der ehemaligen Kapelle sein. Die Kunsttopographie aus 1911 sagt dazu: Die Kapelle in Feuranz besteht aus Bruchsteinen. Sie ist weiß getüncht, rechteckig, und hat Giebel an den Schmalseiten. Im Osten befindet sich eine rechteckige Tür, darüber eine kleine Bildnische. Im Norden und Süden hat die Kapelle je ein kleines rundbogiges Fenster. Unter dem mit Schindeln gedeckten Satteldach befindet sich im Inneren ein Tonnengewölbe. An Kunstgegenständen werden ein großes Kruzifix, sowie Statuen des Heiligen Martin und des Heiligen Johannes, Holz, polychromiert, Mitte des 19. Jahrhunderts, erwähnt.
Wie gesagt, gibt es diese Kapelle nicht mehr, sondern einen Neubau, der am 29.9.1991 vom Rappottensteiner Pfarrer Kanonikus Alois Fröhlich unter großer Beteiligung des Volkes und fast des gesamten Gemeinderates feierlich geweiht wurde. Zur Geschichte der neuen Kapelle: Die Kapelle Feuranz steht östlich der Ortschaft auf einem 29 m² großen Grundstück, Parz. Nr. 23, EZ 24. Das Grundstück wurde, wie schon in Pirkenreith geschehen, bei der Zuteilung von Restflächen nach dem Güterwegbau von anwesenden Gemeindevertretern in den Besitz der Gemeinde übernommen, ohne zu beachten, dass darauf die (alte!) Kapelle steht. Auf diese Weise kam die Gemeinde Rappottenstein nicht gerade zur großen Freude in den Besitz einer zweiten Kapelle. Voriger Besitzer war die Agrar- und Dorfgemeinschaft Feuranz.
Die völlig desolate Kapelle ließ vermuten, dass sie im Inneren recht wertvolle Kunstgegenstände barg, die allerdings auch bereits vom Zahn der Zeit angenagt waren. Trotzdem wurden die etwa 1 Meter großen schönen Statuen der Gottesmutter und des Heiligen Johannes um 1970 gestohlen. Das wunderschöne Kruzifix ging nicht durchs Fenster, deshalb blieb es erhalten. Der aus Holz geschnitzte „heilige Geist“, der an der Decke schwebt, dürfte von den Dieben übersehen worden sein. Dies war nicht der einzige Diebstahl, von dem die Kapelle in Feuranz heimgesucht wurde. Denn bereits um 1960 wurden rund ein Dutzend Hinterglasbilder, die Nothelfer und Volksheiligen darstellend, aus der Kapelle entwendet. Ein Ortsbewohner hatte sich damals die Nummer eines ihm verdächtig erscheinenden Autos aufgeschrieben, und der Besitzer des Fahrzeuges war tatsächlich der Dieb. Doch was tat er? Er schickte die Bilder per Post zurück! Angekommen sind nur Scherben. Fast ist man versucht zu glauben, dass die Bilder beim Einpacken absichtlich zerstört wurden; denn dass alle Bilder auf dem Postweg in Scherben gingen, erscheint höchst unwahrscheinlich. Das Schindeldach der alten Kapelle war schon in den Fünfzigerjahren löchrig geworden. Man beschloss, es wieder mit Schindeln einzudecken, die der Bauer Huber, damals Haus Nr. 25 in Feuranz ansässig, herstellte. Da auch das Dach der Burg, wie vom Denkmalamt gefordert mit Schindeln eingedeckt werden musste, diese aber nirgends aufzutreiben waren, kaufte der Rappottensteiner Holzhändler Heinrich Hahn die für die Kapelle vorgesehenen Schindeln. Mit dem Erlös dafür erwarben die Feuranzer Dachziegel, mit denen sie die Kapelle eindeckten. Durch die starke Abwanderung wurde Feuranz fast entvölkert. Die Kapelle verlor ihre Bedeutung. Um 1970 war sie eine mehr oder weniger beachtete Ruine. Um 1980 wuchs aus dem Dach ein Holunderstrauch, die Fenster waren kaputt, die Deckenbalken morsch und abgefault; aus den Mauern lösten sich Steine.
In dieser Situation kam der Gemeinderatsbeschluss, für die Sanierung der Kapellen S 15000,– pro Objekt an Subvention zu leisten, gerade recht. Dkfm. Udvaros, ein Wiener, hatte das Haus Nr. 22 als Zweitwohnsitz erworben. Er trug wesentlich dazu bei, dass der Zustand der Kapelle immer mehr als Schande empfunden wurde und die Bereitschaft zunahm, hier etwas zu tun. Dkfm. Udvaros und sein Schwiegersohn Dr. Hartmann, der damit ein Versprechen einlösen wollte, sagten zu, sich mit namhaften Beträgen an einem Kapelleneubau zu beteiligen. Familie Pichler, Haus Nr. 21, wollte als Dank für die Genesung eines Sohnes von schwerer Krankheit ebenfalls ein größeres Opfer bringen, und da auch die Familie Prem ihren Beitrag leisten wollte, waren die Voraussetzungen für einen Kapellenneubau recht günstig. Im Frühjahr 1991 – ich war damals Bürgermeister – sandte ich zwei Gemeindearbeiter nach Feuranz, die die alte Kapelle abtrugen und auf dem alten Fundament einen Neubau errichteten. Mag. Becker, Restaurator mit Zweitwohnsitz in Reichenbach, kam zufällig vorbei und zeigte sich entsetzt darüber, dass die alte Kapelle abgetragen wurde, statt sie zu restaurieren. Eine genauere Prüfung überzeugte ihn jedoch davon, dass der Neubau unerlässlich war. Er bot sich an, das schöne alte Kruzifix zu restaurieren, was er dann in Geras, wo er Hobbykurse leitete, auch tatsächlich ohne Bezahlung tat. Frau Erna Rosensprung, seine Lebensgefährtin, übernahm die Materialkosten der Restauration. Mag. Becker war auch maßgeblich an der Auswahl der Bilder beteiligt, die heute in der Kapelle hängen: Krönung Mariens, teils in Seidenstickerei; seltene Arbeit; Die 5 Wundmale Christi, Hinterglasbild: seltene Darstellung; Hinterglasbild; hl Leonhard; Hinterglasbild: Christus, das Osterlamm. Sehr interessant ist ein Bild, das auf einem Blatt die 14 Kreuzwegstationen in 16 Bildern darstellt. Die Beschriftung ist Deutsch und Französisch, weshalb man annimmt, dass es sich um eine Arbeit französischer Kriegsgefangener aus dem 2. Weltkrieg handeln könnte.
Am Bau der Kapelle waren beteiligt: Gemeinde Rappottenstein; Mauerwerk; Altar und Betstühle, ganz nach dem alten Vorbild: Tischlerei Steininger Rappottenstein. Dachstuhl und Holzgerüst für die Decke: Johann Fessl, Hausbach (fast gratis!); Fenster: Tischlerei aus Langschlag (sehr kostengünstig); Dachdecker- und Spenglerarbeiten: Fa. Zahrl, Groß Gerungs; Außenputz und Färbelung: Fa. Schiller, Grafenschlag; Gärtnerische Gestaltung: Albert Pichler, ein in Feuranz geborener Landschaftsgärtner aus Wien (kostenlos); Fenstergitter; Fa. Haag, Roiten. Am 29.9.1991, einem wunderschönen Herbsttag, weihte der Rappottensteiner Pfarrer Kan. Alois Fröhlich die Kapelle dem Heiligen Johannes – Kreuzerhöhung und dem Heiligen Michael. An dem Fest, das von der Blaskapelle Rappottenstein mitgestaltet wurde, nahmen neben dem Bürgermeister und dem Gemeinderat die Ortsbewohner von Feuranz, die am Werk beteiligten Arbeiter, freiwillige Helfer, die Wohltäter, zahlreiche Alt-Feuranzer und viele Gäste aus nah und fern teil. Heute ist die Kapelle gegen Diebstahl so gesichert, dass die verbliebenen Kunstgegenstände nach menschlichem Ermessen kaum mehr entwendet werden können.

Kapelle Feuranz
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